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Die aktuelle Produktion. Seit 2016 jedes Jahr zu Ostern im Kult-Theater Braunschweig.
Dieses Jahr fiel es dem Corona-Virus zum Opfer. Der nächste Termin ist der 3.April 2021.
Rezension zur Premiere von „‘bout love“, Das Kult, 1. Oktober 2016
von Dr.Isabel Kobus
Was ist eigentlich Liebe? Geht es vor allem um Sex? Oder um die Einheit mit dem Einen? Ist Liebe Chemie? Oder alles
nur ein Spiel? Und warum ticken eigentlich Männer und Frauen so unterschiedlich?
„‘bout love“, das neue Theaterprojekt von Heinz-Dieter Vonau und Jutta Buchholz, hat sich eine Menge großer Fragen
vorgenommen. Und führt den Zuschauer geschickt und unterhaltsam durch die möglichen Antworten. Da wird Liebe
unter anderem aus evolutionärer Sicht betrachtet (dient der Arterhaltung), aus psychologischer („Wir brauchen den
anderen, weil wir nicht allein sein können“), aus chemischer (wobei Vonau und Buchholz überzeugend die Prozesse
veranschaulichen, die bei einem Kuss im Körper ablaufen) und aus physikalisch-spiritueller (Liebe als Energie eines
Ur-Bewusstseins).
Dass es dabei nicht zu theoretisch wird, ist den scharfzüngigen und witzigen Dialogen zu verdanken – und den
Darstellern Vonau und Buchholz. Die beiden brillieren vor allem in typischen Mann-Frau-Diskussionen, die kein
Klischee auslassen. Vonaus schauspielerisches Talent manifestiert sich außerdem in schwungvollen Ansprachen an
das Publikum – mal selbstironisch-predigerhaft, mal freundlich-mitfühlend. Und dann ist da noch die Musik:
Eingängige jazzige Arrangements von Kurt Klose – er begleitet auch auf dem Klavier, zusammen mit dem
kongenialen Gitarristen Karl W. Haak – und Songs von „Temptation“ über „Love Sick“ bis zu Leonard Cohens „Dance
Me To the End of Love“ runden das Theater-Erlebnis ab. Dabei überzeugt die kraftvolle, groovige Stimme der
ausgebildeten Sängerin Buchholz ebenso wie der Vonaus rauer, exzentrischer Bass.
So wird „‘bout love“ zu einer musikalisch-philosophischen Revue, in der es keinen Moment langweilig wird. Ernst und
witzig, selbstironisch und tiefsinnig – den Akteuren gelingt es von Anfang an, eine Beziehung zum Publikum
aufzubauen und Fragen zu stellen, in denen sich jeder wiederfinden kann. Die ultimative Antwort darauf, was Liebe
ist, bleibt dann vielleicht doch aus. Doch wie es so bei der Liebe ist: Die Emotionen spielen wohl eine größere Rolle
als der Intellekt. Und die gelingt es der Aufführung zu wecken. Wenn es am Ende heißt: „Erlauben wir uns eine
offene Sehnsucht nach allem, was ‚Du‘ ist“, denkt sich der geneigte Zuschauer: „Ja, nach so einem schönen Abend
darf ich mir das durchaus erlauben.“ Was will man mehr?